„MrWissen2Go“ im Aachener Dom – Ein YouTuber spricht über Fakenews, Gefahren für die Demokratie und über Rap

Ein durchaus ungewohnter Anblick – junge Menschen zwischen 16 und 20 stehen Schlange für ein Selfie mit einem Mittdreißiger in Hemd und Strickjacke, der gerade einen akademischen Vortrag gehalten hat. Einige fragen nach Autogrammen – auch für die Freundin oder den Freund – und „wenn möglich hier vorne ins Geschichtsbuch“. All das vor der ehrwürdigen Kulisse des Aachener Doms. Der Grund des Kommens, Mirko Drotschmann, ist gewissermaßen ein Phänomen. Der studierte Historiker moderiert für das ZDF in Reihen wie Terra X History und interviewte unter anderem Angela Merkel und Margot Friedländer. Bekannt geworden ist er aber im Internet, als MrWissen2go. Auf seinem gleichnamigen YouTube-Kanal, der über zwei Millionen Menschen erreicht, vermittelt er seit 2012 in relativ kurzen Clips Wissen zu geschichtlichen Themen mit ebensoviel Begeisterung wie Struktur. Zunehmend ordnet er auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen ein und weist immer wieder auf den Wert unserer Demokratie hin. Für sein Engagement erhielt er 2023 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Am 16.01.2024 konnten über 200 meist Oberstufenschülerinnen und -schüler von AFG und anderen Schulen Mirko Drotschmann ganz analog erleben, bei einem Vortrag „Fake News als Gefahr für die europäische Demokratie“. Eingeladen hatten Florian Niehaus und Stephanie Heinze von der Europäischen Stiftung Aachener Dom (ESAD). Anwesend waren auch der Domprobst Rolf-Peter Cremer sowie Oberbürgermeister a.D. Dr. Jürgen Linden. Mirko Drotschmann erleuterte vor historischer Kulisse zunächst, welche Formen Fake News annehmen können und gab bekannte Beispiele wie aus dem Kontext gerissene und neu kontextualisierte emotionalisierende Filmsequenzen oder KI-Deep Fakes von Politikern. Er sprach über nachgewiesene und verdächtigte Verursacher und über die destabilisierenden Auswirkungen von Fake News für demokratische Systeme. Erschreckende historische Beispiele finden wir bei der Propaganda der Nationalsozialisten und anderer diktatorischer Akteure und Systeme. Er nannte als Medienexperte aber auch Strategien, wie Menschen mit Nachrichten umgehen sollten, zum Beispiel indem sie eine generell skeptische Haltung einnehmen, Nachrichten nicht unüberlegt teilen und im Zweifel mit Hilfe unabhängiger Faktenchecker-Portale überprüfen.

Sein Vortrag wurde abgerundet durch eine längere Fragerunde, in der Schülerinnen und Schüler Mirko ihre ganz eigenen Fragen stellen konnten. So kamen Fragen zur Einordnung des Weltgeschehens, zur Quellensuche bei ihrer Facharbeit oder zur Vertrauenswürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Die Stimmung war entspannt und nahbar bis heiter, besonders als Mirko Drotschmann auf seine kurzen Versuche als Rapper angesprochen wurde. Gegen Ende sagte ein Schüler noch „Danke, dass du uns dabei hilfst, unser Abitur zu bestehen!“ Online-Medien aus der Kategorie Edutainment aber auch YouTuber sind neben Familie und Schule längst eine wichtige Quelle von Geschichtsbildern geworden. Wie sich das Abitur in der Zukunft verändern wird, ist noch unklar. Es deutet allerdings vieles darauf hin, dass mit der Entwicklung und auch dem Missbrauch künstlicher Intelligenz zukünftig ernstzunehmende Belastungssituationen auf demokratische Systeme zukommen werden. Hoffen wir und helfen wir, dass Schule und Gesellschaft junge Menschen weiter und noch besser als bisher darauf vorbereiten können. Ein Dank vom AFG geht auch an Frau Kunze, die uns die Teilnahme an der Veranstaltung ermöglicht hat.

Text: Johannes Kraft
Fotos:  Johannes Kraft / Andreas Steindl

 

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